Historisches Sachsen
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Bösenbrunn   
 
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Information

Vogtlandkreis

Beschreibung
In dem hügeligen Gebiet des sächsischen Vogtlandes liegt die Gemeinde Bösenbrunn südlich der Talsperre Pirk. Sie wird von mehreren Nebenflüssen der Weißen Elster durchzogen, die die Talsperre speist. Die urkundliche Ersterwähnung des Ortes erfolgte 1378 unter dem deutschen Namen "Bosinbrun", der wohl auf einen wenig ergiebigen Quell hindeutet. Obwohl entsprechende Belege fehlen, ist der Ursprung der Siedlung schon deutlich älter und liegt oberhalb des Zusammenflusses von Bösenbrunner Dorfbach und Triebelbach. Archäologische Untersuchungen aus dem Jahre 1937 weisen auf eine frühdeutsche Wehranlage mit Wassergraben und Ringwallinsel sowie ein festes Haus aus dem 13. Jahrhundert hin. Das Gelände ist heute eingeebnet.
Das spätere Rittergut Bösenbrunn tauchte erstmals 1440 in der Hand des weitverzweigten vogtländischen Geschlechts von Sack auf. Die Säcke gehörten unter der Ministerialität der Vögte von Weida, Gera und Plauen sowie der Wettiner zu den einflussreichen Herren mit ausgedehntem Grundbesitz im Vogtland. Zu ihren Besitzungen zählten Planschwitz, Türbel, Sachsgrün, Geilsdorf, Pirk, Brambach, Mühltroff und viele andere. Über 150 Jahre blieb Bösenbrunn im Besitz der Familie Sack, bis das Rittergut 1564 an die Familie von Tettau gelangte. Die über ganz Mitteleuropa verbreitete Familie der Herren und Freiherren von Tettau erwarben Besitzungen in Böhmen, Preußen und im Vogtland, so u.a. in Planschwitz, Mechelgrün und Bösenbrunn.
1591 folgte der Familie von Tettau die Familie von Neidberg. Das barocke Herrenhaus wurde 1727 östlich des U-förmig nach Nordwesten offenen Rittergutskomplexes mit Stallanlagen, Brennerei und Gesindehäusern unter Einbeziehung von Resten eines Vorgängerbaus im Keller- und Erdgeschoss für Philipp Ferdinand von Neidberg und seiner Gemahlin Augusta Sophia von Neidberg, geborene von Pöllnitz, errichtet. Ein steinernes Allianzwappen über dem Portal mit den Monogrammen "P. F. V. N." und "A. S. V. N. G. P." und der Jahreszahl 1727 weist auf dieses Ereignis hin.
Das zweigeschössige Herrenhaus unter einem hohen Mansarddach ist insgesamt schlicht gehalten. Nur auf der Hofseite gliedert ein leicht hervorspringender Mittalrisalit, der in die Dachzone hineinragt und von einem Dreiecksgiebel mit ovalem Fenster bekrönt wird, über drei Fensterachsen die Fassade. Die Fenster auf allen vier Seiten sind regelmäßig übereinander angeordnet. Außer auf der Südseite sind ihnen auch verschieferte Satteldachgauben in der unteren Mansardetage zugeordnet. Obwohl das Erscheinungsbild des Herrenhauses durch vorausgegangene Sanierungen und Reparaturen beeinträchtigt ist, sind insbesondere die großzügige Raumstruktur, das Dach- und Fachwerk der beiden Mansardgeschosse sowie zahlreiche Raum- und Farbfassungen bemerkenswert. Die Herrschaft betrat das Erdgeschoss über eine geräumige Eingangshalle, an deren Ostseite zwei Türen mit Oberlichtern in das Treppenhaus führen. Eine zweiläufige, breite Holztreppe mit Geländer, Holzbalustern und profiliertem Handlauf erreicht das Obergeschoss, dessen Raumstruktur weitgehend der des Erdgeschosses gleicht. Während die Treppe weiter hinauf in das Dachgeschoss mit Bodenkammer und Zimmer für das Hauspersonal verläuft, gelangte man im Obergeschoss in einen großen Saal. Nur von hieraus konnten dann die umliegenden herrschaftlichen Räume betreten werden. Im Saal des Obergeschosses befindet sich noch ein Kachelofen aus den 1930er Jahren. Darüber hinaus sind in allen Räumen die originalen Holztüren des 18. Jahrhunderts erhalten.
Bereits elf Jahre nach Fertigstellung des Hauses verkaufte Philipp Ferdinand von Neidberg das Rittergut an Franz Oswald von Trützschler. Die Familie von Trützschler ist ein vogtländisches und meißnisches Uradelsgeschlecht, welches bereits um 1122 erwähnt wurde. Im 13./14. Jahrhundert sind die von Trützschler Ministeriale/Burgmannen auf Burg Crimmitschau im Dienste der edelfreien Herren von Schönburg. Darüber hinaus besaßen sie um 1400 die Burg Falkenstein, im 16. Jahrhundert Ellefeld sowie von 1450 bis 1632 Rittergut und Burg Stein bei Hartenstein und ließen dort die neue Unterburg errichten. Mit dem thüringischen Adelsgeschlecht von Brandenstein, das von 1752 bis 1783 auf Bösenbrunn saß, endete die adlige Besitzfolge.
Die nun folgenden bürgerlichen Gutsherren wechselten mehrfach. So gelangte das Gut 1841 an Carl Friedrich Wauer und 1917 an den sächsischer Unternehmer, Politiker und Besitzer der Standesherrschaft Königsbrück, Dr. Walther Naumann. Letzter Besitzer des schlossartigen Anwesens war bis zur Enteignung 1945 Wilhelm Koch, Enkel des Gründers der Teppich- und Möbelstofffabrik in Oelsnitz/Vogtland Carl Wilhelm Koch. Wilhelm Koch ließ das Herrenhaus nach 1935 nochmals verschönern. U.a. wurden im Treppenhaus Bleiglasfenster eingebaut, die Jagdszenen zeigten, und die Türen im großen Saal mit kleinen Landschafts- und Tierbildchen versehen. Auch den Kachelofen im Obergeschoss schmücken Vogelbilder, Pflanzenmotive und figürliche Darstellungen.
Nach der Bodenreform wurde das Gutsland aufgeteilt und an Neubauern vergeben. Die Wirtschaftsgebäude sind größtenteils abgebrochen worden. In das Herrenhaus zog bis 1966 eine Schule ein. Danach diente das Gebäude als Wohnhaus, Bibliothek und Verkaufsstelle. Nach der politischen Wende in der DDR war es Verwaltungssitz der Gemeinde Bösenbrunn und später bis 2003 Gasthof. Nach einem längeren Leerstand werden seit 2024 Sanierungsarbeiten und eine denkmalgerechte Instandsetzung der historischen Innenräume, mit dem Ziel der Nutzung durch die Gemeindeverwaltung, vorgenommen.
 
Bildergalerie
Herrenhaus Bösenbrunn
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